Es gibt nichts beruhigenderes auf der Welt, als am Steuer eines Kahns oder Hausbootes, fernab von Städten und Siedlungen, flussab, flussauf, oder kanalwärts vor sich hin zu tuckern, durch grüne Landschaften, kleine Städtchen, historische Wasserbauwerke. Vermutlich ist es der gleiche Grund, warum sich Autofahrer ein Reitpferd halten, oder Flugkapitäne joggen gehen. Das wirkliche Leben ist zu schnell. Wer in der Freizeit nicht den Entschleuniger fährt, landet im Burnout. Für mich ist es das Motorboot auf Binnengewässern.
Und so schenkte ich mir zum 52-sten Geburtstag die Ausbildung zum Führerausweis. Vorerst in Form des Büchleins "Gute Fahrt auf Schweizerischen Gewässern". Das gilt es nun für die Theorieprüfung zu studieren. Gerade mal 109 Seiten pro Sprache, das schaffe ich locker! - Um es etwas spannender zu machen, schenke ich mir ebenfalls ein Blog. Erstens, um meine Lernfortschritte zu dokumentieren, und zweitens, gibt es hier vielleicht noch andere angehende Schiffsleute, die das interessieren könnte. Also büffeln und bloggen wir los!
Das Büchlein hat 9 Kapitel (sinnigerweise 100 bis 900 nummeriert) sowie eine CD mit Prüfungsfragen. Das erste Kapitel ist der Index, das Stichwortverzeichnis, das andere Bücher am Ende platzieren. Ich überspringe die 8 Seiten.
Das zweite Kapitel beginnt mit einem Glossar. Hier soll wohl Seemanns-Latein gebüffelt werden, so dass sich erst einmal seetauglich anhört, was es noch nicht ist. Eine kleine Stichprobe: Seite 12 Spalte 2 enthält 15 Fachausdrücke, die ich zu erraten versuche: 9 richtig, 2 halb richtig, und 4 falsch oder nicht gewusst. Ich bin also aus dem Stand zu 67% Seemansgarn fähig. Der Wert muss natürlich noch gesteigert werden. Selbsttest für den Leser. Was ist:
- Besan
- Bilge
- Blinklicht
- Blitzlicht
- Block
- Cockpit
Ich komme später auf das Glossar zurück. Kapitel 1 enthält ausserdem: Baustoffe (im Schiffsbau), Wetter, Wettergefahren, Wetterlagen (schweizerische!), Windstärken, Schiffsteile bei Segel- und Motorschiffen, Antriebsarten, und Segelstellungen.
Moment mal, sagt da der Sportmotorbootanwärter: warum muss ich die Segelstellungen und Kurse zum wahren Wind einer Jolle und einer Segeljacht büffeln? Das Segeln ist nicht mein Ziel! Aber wie es scheint, gibt's für Nurmotorbootfahrer keine Ausnahmen: die Theorie ist die gleiche für alle. Dafür muss der Segelscheinanwärter die 8 verschiedenen Motorboot-Antriebsarten kennen (Aussenbord, Z, V, Starrwelle, S, Jet, IPS und SARO-Tunnel-Prop-Drive).
Also zurück zu den Baustoffen. Davon gibt es 11. Der Anwärter soll eine Liste von 11 Werkstoffen auswendig lernen? Bitteschön! Es sind dabei 3 Metalle, 5 Kunststoffgruppen, ein Naturstoff, 1 Kunststein, und eine Materialklasse. Die Metalle kann man leicht erraten... das dritte? Ganz einfach: Eisen und Stahl zählen als verschiedene Metalle. Bei den Kunststoffgruppen herrscht Willkür. Während GFK, Kohlenfaser und Kevlar einzeln zählen, werden PVC, ABS und ähnliche Kunststoffe zu einem Begriff zusammengenommen, die übrigen sind (das vergesse ich gleich wieder!) Materialien für Schlauchboote. Naturstoff und Kunststein sind klar: Holz und Zement. Der Pleonasmus ist dann der Baustoff Nummer 8, den ich oben "Materialklasse" nannte: Er heisst "Komposit". Wie wenn GFK, Kohlenfaser oder Stahlbeton keine Komposite wären! Da gibt's zwar ein Komposit-Beispiel "Holz mit GFK-Überzug", aber nein, diese Einteilung ist einfach nur willkürlich. Pfui, dass vergesse ich schnell wieder. Man darf ja bei der Prüfung zwei oder drei Fehler machen. - Und mein nächstes Boot baue ich aus reinem Silizium!
Das nächste Mal fahre ich mit dem Wetter weiter.
Dies ist ein Blog mit Kommentaren. Ich freue mich auf Beiträge von gegenwärtigen, und zukünftigen A-Schein-Besitzern!
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